Unsere Anträge
Thema: Bahn – Investitionen in den Schienenverkehr
Die Kreisdelegiertenversammlung, der Landesparteitag und der Bundesparteitag mögen beschließen:
Die Bundesregierung plant in jedem Haushalt für den Schienenverkehr Mittel aufgrund folgender Kriterien ein:
- Die Sicherheit von Fahrgästen und Personal ist zu gewährleisten.
- Nicht nur der Fernverkehr, auch die Bedienung der Fläche ist zu verbessern.
- Gleis- und Rangieranlagen des Güterverkehrs sind zu modernisieren.
- Die Pünktlichkeit der Züge ist zu erhöhen.
- Die Organisation der Verwaltung der Deutschen Bahn ist modernen Erfordernissen anzupassen.
Begründung:
Im Jahr 2002 verzeichnete die Bahn 1,65 Milliarden Reisende, 2017 waren es 2,1 Milliarden. Das entspricht einem Zuwachs von 30 Prozent. Knapp 400.000 Menschen sind Tag für Tag in den Sorgenkindern IC und ICE unterwegs. Auch die Bedienung der Fläche ist in den vergangenen Jahren immer weiter ausgedünnt worden. Eine aus Umweltgründen dringend erforderliche Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene hat nicht stattgefunden, eher im Gegenteil.
Zu 1.: Um die Sicherheit von Fahrgästen und Personal zu gewährleisten sind der Ausbau des Schienennetzes und die Modernisierung der Signalanlagen erforderlich. Die Gleislänge in Kilometern ist um 9,4 Prozent gesunken: 2002 gab es 35.804 Kilometer Schiene, 2017 waren es nur noch 33.488. Die Funktionsfähigkeit des Netzes lässt zu wünschen übrig.
Unfälle sind deshalb weiterhin nicht ausgeschlossen. Im Februar 2014 kollidierte ein Güterzug der privaten niederländischen ERS vor der Einfahrt in den Hauptbahnhof Mannheim mit einem aus Graz kommenden Eurocity; 35 Menschen wurden verletzt, vier von ihnen schwer. Zwei Jahre später stießen zwei Meridian-Personenzüge auf der eingleisigen Strecke Holzkirchen-Rosenheim bei Bad Aibling frontal zusammen; zwölf Fahrgäste starben, 89 wurden teils schwer verletzt. Im Mai vergangenen Jahres fuhr auf der – ebenfalls eingleisigen – Strecke Ingolstadt-Augsburg im Bahnhof Aibach ein Regionalzug (BRB) auf einen stehenden Güterzug der DB Cargo auf; zwei Tote, 13 Verletzte.
Diese Unfälle sind keine Zufälle, sondern Ergebnisse der Tatsache, dass sich viele Bahnhöfe und Trassen in marodem Zustand befinden. „Per Hebel und Stahlseilzug werden nicht selten Signale aus Großvaters Zeiten bedient“ (SZ, 6.5.2019, S. 4), nur rund 600 von 1.200 Stellwerken sollen modernisiert werden. Die Fahrdienstleiter trifft nur bedingt Schuld, modernste Technik, die vorwiegend bei Fernstrecken zum Einsatz kommt, hätte ihre Fehlleistungen kompensieren und viel Leid verhindern können.
Zu 2.: Zwar will die Bahn in diesem Jahr ihr Streckennetz erneuern (SZ, 20.2.2019, S. 19), 1.500 Kilometer Gleise sollen saniert, mehr als 300 Brücken und rund 650 Bahnhofe erneuert werden, 10,7 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen, allerdings nur für die Fernstrecken. Sicherlich ein Beitrag zur Eindämmung des Straßen- und inländischen Flugverkehrs. Das Schienennetz in der Fläche jedoch hat weiterhin das Nachsehen. Stillgelegte Verbindungen werden nicht reaktiviert, geschlossene Haltepunkte nicht wieder eröffnet, Bahnhöfe – soweit noch am Leben – nur noch „bei Bedarf“ bedient. Wer kann, zieht weg. Leerstände noch preisgünstiger Wohnungen sind die Folge. Ärzte geben auf. Ortsämter, Sparkassen und Supermärkte schließen. Zurückbleibende – meist ältere Menschen – sind mangels leistungsfähigem ÖPNV auf das eigene Auto angewiesen. Wen wundert es, dass viele sich abgehängt fühlen und politisch ihr Heil bei populistischen Betrügern suchen.
Hier könnte die Bahn als staatliches Unternehmen durch kluge – freilich erhöhte – Investitionen einen signifikanten Beitrag zum Schutz des Klimas und der Umwelt, zur Linderung der Wohnungsnot und zum sicheren Reisen von A nach B leisten. Ein ermutigendes Signal insoweit ist die regelmäßige Verbindung zwischen Luckenwalde und Berlin. Warum nicht mehr davon?
Zu 3.: Bisher ist der Transport von Gütern auf der Schiene in Deutschland rückläufig: 2002 waren es noch 278 Millionen Tonnen, 2017 nur von 271. Zu modernisieren sind die Gleis- und Rangieranlagen, sollte die Bahn ernsthaft vorhaben, der Straße mehr Transporte abspenstig zu machen.
- Viel zu tun ist auf der größten Rangieranlage Europas in Maschen bei Hamburg. Beschäftigte dort können ein Lied davon singen. Sie klagen über fehlende Informationen bezüglich der Länge von Überholgleisen auf den vorgesehenen Strecken von Güterzügen, so dass sie deren Länge nicht korrekt bestimmen können.
- Geradezu grotesk ist es, wenn Güterzüge vor Grenzübergängen auf deutscher Seite mangels Elektrifizierung mit Diesellok anrollen, letztere zeitaufwendig entkoppelt werden muss, damit der Zug auf der anderen Seite elektrifiziert weiterrollen kann.
- Außerdem fehlen an den Standorten Lokführer zum Wenden der Züge, so dass immer wieder ICEs mit „geänderter Wagenreihung“ anrollen und Passagiere ihre reservierten Plätze nicht finden.
Zu 4.: Sicherlich ist der Mischverkehr, die gemeinsame Nutzung des Gleisnetzes durch City- und Intercityzüge und Güterzüge, zu beenden. In Japan und Frankreich ist das kein Thema, wohl aber in Deutschland, wo leider eine gegenteilige Tendenz zu beobachten ist (SZ, 11.3.2019, S. 17). Als Sofortmaßnahme käme eine Verkürzung der Güterzüge oder eine Verlängerung der Abstellgleise, auf denen DB-Cargo-Schlangen auf Überholungen durch Fernzüge warten, in Betracht. Der oft zu Verspätungen führende Stau auf den Fernstrecken durch zu langsam fahrende Güterzüge, denen nur unzureichende Wartegleise zur Verfügung stehen, muss aufhören.
Zu 5.: Bis heute wird darüber gestritten, ob die „Bahnreform“ von vor mehr als 20 Jahren eine Erfolgsstory ist. Indes: Es spricht nicht viel dafür. Die zwecks Vorbereitung der Privatisierungsmanie erfolgte Aufteilung des Unternehmens in eigenständige Gesellschaften für das Netz, den Fern- und Nahverkehr sowie die Bahnhöfe hat zu zeitraubenden Abstimmungsprozessen im Unternehmen geführt. „Das Personal an den Bahnhöfen weiß oft nicht, was Leitstellen irgendwo im Land entscheiden.“ (SZ, 29.3.2019, S. 4)
Will die Bahn den vielfältigen Herausforderungen der modernen Welt wirksam begegnen, als öffentliches Unternehmen eine Garantin werden für Klima- und Umweltschutz, sicheres und komfortables Reisen, den zuverlässigen Transport von Gütern und das erfolgreiche Einwerben der dafür notwendigen finanziellen Mittel, so muss sie ihr strukturelles Problem unverzüglich lösen. Schon aus diesem Grunde ist eine grundlegende Veränderung der politischen Verantwortlichkeit in unserem Land erforderlich.
(Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 21. Mai 2019)
Thema: Baugebote
Die Kreisdelegiertenversammlung und der Landesparteitag mögen beschließen:
Der Senat und die Bezirke müssen Baugebote durchsetzen.
Begründung:
Es gibt zu viele Investoren, die sich nicht den Mietern, sondern der Rendite für ihre Aktionäre verpflichtet fühlen. Weil es kaum noch Zinsen gibt, steigen Investoren bevorzugt bei Immobilien ein und verursachen Probleme: Beispielsweise gibt es in Berlin Grundstücke, die seit Jahren brach liegen. Deren Eigentümer spekulieren auf Wertsteigerungen, oder sie wollen sich nicht darum kümmern. Das ist nicht hinnehmbar, wenn zur gleichen Zeit viele Menschen eine Wohnung suchen. Die Gemeinschaft hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Grundstücke einen Wert haben – sie hat die Gebiete erschlossen, hat Straßen gebaut und Gehwege angelegt. Deswegen kann sie verlangen, dass Eigentümer bereit sind, ihre Grundstücke zu nutzen.
Das lässt sich mit Hilfe von Baugeboten durchsetzen: Baureife Grundstücke müssen genutzt oder verkauft werden.
Wenn die Eigentümer das nicht tun, sind empfindliche Strafen zu verhängen. Wenn auch das nicht hilft, muss das Grundstück zu einem politisch zu bestimmenden Wert in den Besitz der Stadt Berlin übergehen. DENN: In Artikel 14 des Grundgesetzes steht: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Und im Baugesetz steht: Wenn es in einer Kommune an Wohnungen mangelt, kann sie Baugebote aussprechen.
Wenn man die Stimmung in der Stadt und bei den Demonstrationen in den Straßen bedenkt, wird es Zeit, dass der Berliner Senat das durchsetzt.
(Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 21. Mai 2019)
Thema: „Demokratischer Sozialismus“
Die Kreisdelegiertenversammlung möge beschließen:
Der Kreisvorstand wird aufgefordert, ein Kreisforum mit Kevin Kühnert zum Begriff „demokratischer Sozialismus“ unter Berücksichtigung der heutigen Probleme zu organisieren.
Begründung:
In einem Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT hat der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert versucht, die Frage zu beantworten, was für ihn Sozialismus heißt. Das Interview hat zu weitreichenden Reaktionen geführt, auch innerhalb unserer Partei. Besonders die Aussage, es sei weniger wichtig, „ob am Klingelschild von BMW ’staatlicher‘ oder ‚genossenschaftlicher‘ Automobilbetrieb steht oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht“ hat heftige Reaktionen ausgelöst, nicht nur bei politischen Gegnern. Auch die Feststellung, Wohnen sei ein Grundbedürfnis, jeder solle maximal den Wohnraum besitzen, „in dem er selber wohnt“, hat heftige Redaktionen ausgelöst.
Unser Hamburger Grundsatzprogramm vom 28.10.2007 widmet – im Gegensatz zum Godesberger Programm vom November 1959 – dem Begriff nur wenige Zeilen. Der Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ habe die Idee des demokratischen Sozialismus nicht widerlegt, sondern … eindrucksvoll bestätigt. Deshalb bleibe der demokratische Sozialismus für die Partei „die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung … eine dauerhafte Aufgabe“ sei ( S. 16-17). Das jedoch reicht angesichts von Klimakatastrophe, weltweiter Migration, Kriegsgefahr, Wohnungsnot und Digitalisierung nicht mehr aus.
Hinzu kommt, dass die Implosion der verharschten Machtpyramide UdSSR und ihrer Satelliten in Osteuropa im Kapitalismus die Illusion hervorgerufen hat, er sei jetzt ohne Konkurrenz, und er könne jetzt so richtig Gas geben. Heraus kommen Gesellschaften, in denen Einkommen und Vermögen sich immer weiter in die Spitze verlagern, Egoismus und Nationalismus Triumphe feiern, Rechtsstaat und Demokratie auch in Europa abgebaut werden. Die jüngsten Vorgänge in Österreich sind keine „Singularität“, sondern das Wesen des Populismus – überall in Europa und in der Welt.
Dem ist endlich ein klares Bild von Menschlichkeit und Empathie entgegenzusetzen – nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten. Dazu sind nicht nur gute Absichten, sondern auch Opfer erforderlich, v. a. von denen, die etwas geben, besser zurückgeben müssen. Beispiele:
- Das Klima ist nur durch den schnellsten Ausstieg aus der Kohle zu retten,
- die Migration durch faire Handelsverträge mit Afrika und anderen einzuschränken,
- die Kriegsgefahr durch rigorosen Stopp von Waffenlieferungen in Spannungs- und Kriegsgebiete zu verringern,
- die Wohnungsnot durch Rückerwerb veräußerter Wohnungen zu vertretbaren Bedingungen durch Staat und Kommunen Schritt für Schritt zu mildern,
- der Digitalisierung durch Forschung, Bildung und deren Anwendung in Form der Förderung neuer Jobs zu steuern.
Dazu sind dem Staat die nötigen Mittel zu verschaffen; durch rigorosen Kampf gegen Steuerdumping, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung – auch und gerade innerhalb Europas.
Es handelt sich um eine Gratwanderung, Widerstände sind programmiert, Versuchungen, verfassungsgemäße Rechte nicht so genau zu beachten, groß. Entschädigungslose Enteignungen haben den Sozialismus historisch diskreditiert, sie kann es nicht geben gemäß Art. 15 i. V. m. Art. 14 Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes, der besten Verfassung, die es in Deutschland je gegeben hat. Deshalb erweckt auch eine „Kollektivierung“ von Unternehmen wenig Vertrauen. Es ist sehr wohl wichtig, was auf dem Klingelknopf von BMW steht. Wer ist das „Kollektiv“, das die Verteilung der „Profite demokratisch kontrolliert“? Nicht zuletzt: Wie sehen Städte und Gemeinden aus, in denen „jeder maximal den Wohnraum besitzt, in dem er selbst wohnt“?
Es ist höchste Zeit, darüber zu diskutieren, welche Konsequenzen die Parteien aus dem Sozialstaatsgebot des Artikels 20 des Grundgesetzes angesichts der besorgniserregenden Entwicklung ziehen; sie sollten den Diskurs darüber nicht den Populisten überlassen.
(Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 21. Mai 2019)
Thema: Das Recht auf Wohnen
Die Kreisdelegiertenversammlung und der Landesparteitag mögen beschließen:
Die SPD setzt sich dafür ein, dass den Wohnungskonzernen die Entscheidungsgewalt über das Recht auf Wohnen aus den Händen genommen wird. Der Staat muss das Recht auf Wohnen für alle Bürger unter seinen Schutz stellen!
Dafür setzt sich die SPD für folgende Forderungen ein:
- Mieten sind stärker als bisher auf Mietwucher zu überprüfen,
- ein Mietenstopp (ein Mietendeckel), um bezahlbare Mieten herzustellen,
- staatliche Finanzierung von staatlichem Sozialwohnungsbau auf allen Ebenen,
- Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit,
- Maßnahmen zur Verhinderung der Bodenspekulation durch private Investoren.
- Im Falle des Widerstands von Wohnungskonzernen und Fonds gegen staatliche Eingriffe zum Schutz der Mieter bleibt nur die Vergesellschaftung der Wohnungskonzerne, „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“ (Art. 14.3 GG).
Begründung:
Die allgemeine Ursache für die Wohnungsnot und in deren Folge die horrenden Mietsteigerungen liegt in der Politik des Bundes, der Länder und der Kommunen. Unter dem Druck der mit der Agenda-Politik diktierten Sparpolitik und ihrer verfassungsrechtlichen Festschreibung über die Schuldenbremse haben sie sich nicht nur endgültig vom sozialen Wohnungsbau verabschiedet. Um die Haushaltsverschuldung abzubauen, lieferten sie den Wohnungsmarkt an Immobilienspekulanten und Fonds aus, die in ihrer Renditejagd zunehmend nach deutschen Immobilien greifen, weil ihnen hier schnelle Rendite garantiert wird. Begründet mit der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung wurden große öffentliche Wohnungsbaugesellschaften an Wohnungsbaukonzerne und Fonds verkauft. Hedgefonds auf Renditejagd greifen zunehmend nach deutschen Immobilien. Sie versprechen ihren Aktionären enorme Gewinne und treiben dafür die Mieten in Höhen, die selbst bei mittleren Einkommen unbezahlbar sind und immer mehr Menschen in die Armut treiben.
„Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum.“ – „Jeder Missbrauch wirtschaftlicher Macht ist widerrechtlich.“ (Verfassung von Berlin, Artikel 28 und 24)
Es war die rigide Sparpolitik, die dazu geführt hat, den staatlichen sozialen Wohnungsbau zu liquidieren, den öffentlichen Wohnungsbestand und die Wohnungsbaugesellschaften der Privatisierung auszuliefern und damit dem ungezügelten Gewinnstreben der Wohnungskonzerne den notwendigen Spielraum zu geben.
Kann es eine andere Antwort geben als das staatliche Eingreifen, um den Wohnungskonzernen die Macht zu nehmen, die Mietpreise ungebremst in die Höhe zu treiben? Der Staat muss das Recht auf Wohnen für alle Bürger unter seinen Schutz stellen!
(Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 21. Mai 2019)
Thema: Schuldenbremse
Die Kreisdelegiertenversammlung und der Landesparteitag mögen beschließen:
Die SPD-Mitglieder im Berliner Senat, die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und der SPD-Landesvorstand werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Berliner Senat alle Pläne fallen lässt, die Schuldenbremse in der Verfassung Berlins zu verankern. Stattdessen sollte die SPD sich dafür einsetzen, dass es zu einer Entschuldung hoch verschuldeter Länder und Kommunen kommt.
Begründung:
Die Berliner SPD hat die Schuldenbremse abgelehnt. Dafür gab es gute Gründe. Schmerzlich musste Berlin und seine Bevölkerung in den letzten Jahren erfahren, dass die Schuldenbremse zu einer Kaputt-Sparpolitik geführt hat, mit weitreichenden Konsequenzen für die öffentliche Daseinsvorsorge und die Handlungsfähigkeit des Landes und der Bezirke. Personalmangel und ein großer Investitionsstau, aber auch Privatisierungen, Ausgliederungen und Ausweitung prekärer Arbeit wurden mit den Anforderungen der Schuldenbremse begründet.
Berliner Sozialdemokrat*innen engagieren sich mit Initiativen für mehr Personal in den Krankenhäusern, an den Schulen, in der Verwaltung, für ausreichende Investitionen in die soziale Infrastruktur sowie zur Bekämpfung prekärer Arbeit, d. h. dafür, dass Zeichen gegen diese Austeritätspolitik gesetzt werden. Mit der geplanten Verankerung der Schuldenbremse in der Berliner Verfassung wird das gegenteilige Signal gegeben.
Gerade in einer Zeit, in der die Schuldenbremse besonders von Gewerkschaften in Frage gestellt wird, wäre jetzt eine Veränderung der Berliner Verfassung, um die Schuldenbremse aufzunehmen, eine falsche politische Weichenstellung.
Es kann heute nur darum gehen, die Handlungsfähigkeit des Staates und die der öffentlichen Daseinsvorsorge wiederherzustellen. So fordert der SOS-Ruf des bundesweiten Aktionsbündnisses von 70 hoch verschuldeten Kommunen „Für die Würde unserer Städte“ endlich eine Altschuldenhilfe, um ihre Handlungsfähigkeit wiederherzustellen. „Hätten Bund und Länder dafür bezahlt, was sie bei uns bestellt haben, wären wir schuldenfrei“, erklärten Oberbürgermeister, Bürgermeister auf ihrer Pressekonferenz am 4. April 2019. Sie kämpfen für das „Raus aus der Schuldenfalle“. Die Folge des Abbaus der kommunalen Leistungen sei es, dass sich „viele Bürger von unserer Demokratie abwenden und nicht mehr an den Wahlen beteiligen“.
Der Streit im Berliner Senat, ob es eine harte oder eine „gute“ Schuldenbremse in der Berliner Verfassung geben soll, hilft nicht weiter. Das Problem ist die Schuldenbremse an sich.
(Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 21. Mai 2019)
Thema: Spenden statt Schreddern
Die Kreisdelegiertenversammlung, der Landesparteitag und der Bundesparteitag mögen beschließen:
Die Bundesregierung erlässt eine Spendenpflicht für unverkäufliche, funktionstüchtige Neuware: Spenden statt Schreddern!
Für Unternehmen ist es aufgrund der Regelung zum Vorsteuerabzug billiger, Waren zu vernichten, als sie zu spenden. Deswegen muss § 3 (1b) des Umsatzsteuergesetzes zugunsten von Sachspenden an gemeinnützige Einrichtungen verändert bzw. erweitert werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Sachspenden im Inland bleiben. Es kann nicht angehen, dass weiterhin jede unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird, es muss eine Ausnahme geben. Daher sollte ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das Firmen zum Spenden funktionstüchtiger Neuware an gemeinnützige Einrichtungen in Deutschland verpflichtet, unterfüttert von Steuerfreiheit dafür. Dass das geschredderte Plastik – wie es z.Z. praktiziert wird – als Rohstoff in der Produktion z.B. von Blumentöpfen einer Verwendung zugeführt wird, reicht nicht aus, diese Art der Ressourcenverschwendung zu stoppen.
Begründung:
Im Handel, vor allem aber bei Onlinehändlern wie Amazon, werden massenhaft Retouren und einwandfreie Lagerbestände vernichtet: Staubsauger, Faxgeräte, Computer, Wasserkocher, Toaster, Bügeleisen, Kühlschränke und vieles mehr. Nur 70 Prozent der umgetauschten Waren im gesamten Onlinehandel werden weiterverkauft. D.h. rund ein Drittel der Waren landen im Müll. Pro Jahr seien es mehr als 250.000 Pakete, die Verbraucher zurück zum Absender schicken, berichteten „Wirtschaftswoche“ und das ZDF-Magazin „Frontal 21“. Eine Amazon-Mitarbeiterin sagte, sie allein habe pro Schicht Waren im Wert von rund 23.000 Euro vernichtet. Retouren, die nicht als A-Ware in den Verkauf können, vernichten mehr als die Hälfte der Onlinehändler direkt. Umgetauschte Kleidung sei in der Aufbereitung häufig teurer als in der Herstellung und lande deswegen in der Müllverbrennungsanlage. Angesichts der riesigen Probleme, die wir mit dem Klima- und dem Umweltschutz sowie mit der Energieversorgung haben, ist diese Ressourcenverschwendung nicht hinnehmbar.
Amazon unterhält elf Logistikzentren. Wer seine Ware auf dem Amazon-Marktplatz anbietet, kann sie gegen Gebühr dort lagern und die gesamte Logistik Amazon überlassen. Je länger die Waren in den Regalen liegen, desto teurer wird die Lagergebühr: monatlich 26 Euro, nach einem halben Jahr 500 Euro, nach einem Jahr 1.000 Euro. Um diese Kosten zu sparen, entscheiden sich viele Händler dafür, die Ladenhüter entsorgen zu lassen. Ein Service, den Amazon ebenfalls für seine externen Händler übernimmt.
Bei einer Spende aber greift § 3 (1b) UStG: Sachspenden bewertet das Finanzamt wie Umsatz. Zerschreddert aber verliert die Ware ihren Wert und ist steuerfrei. Das muss geändert und mit einer Pflicht zum Spenden an gemeinnützige Einrichtungen gekoppelt werden.
(Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 21. Mai 2019)